In jener Nacht jagte Lilith
Leonidenschwärme über das mondlose Firmament und die Talmenschen
verbargen sich zitternd in ihren Hütten. Auf den Gipfeln, wo sich
die Wölfe sammelten, war die Erschütterung nicht mehr als ein
sanftes Wiegen und ein warmer Wind strich über das seidige Fell der
Kreaturen. Es war ihre Stunde und dennoch schwiegen sie, denn er war
nah, zog mit der Nacht und zehrte von der Angst, die man ihm zu Füßen
gelegt hatte. Man nannte ihn den Schmied, aber seine Statur war die
des Hungerlöhners und seine Worte hatte er den verzweifelten
Dichtern entrissen.
Ich wartete auf dem Plateau,
beobachtete ihn geduldig beim Spiel mit den Bestien, wohl wissend,
dass er die Grässlichste unter ihnen war. Seine Bewegungen waren
schnell und geschmeidig und ich zuckte zusammen, als er plötzlich
direkt vor mir stand. Sein Gesicht, glatt und wie aus Elfenbein
geschnitzt, war geschaffen, um Schöße zu öffnen und erwachsene
Männer in die Knie zu zwingen. Ein Lächeln lag darauf
und unter dem Licht des brennenden Himmels, leuchtete sein Haar wie
gediegenes Kupfer. Einen Schnitzer hatte ich bereits gemacht und es
war brutale Körperbeherrschung, die es mir ermöglichte, still zu
stehen, während er hinter mich trat. Seine Hand war sanft und der
Umhang glitt von meinen Schultern.
„Entstiegen aus den dunklen Tiefen,
verflucht all jene, die mich riefen...“ Die Stimme des Schmieds war
eigenartig hell und sein Atem in meinem Nacken kälter als die Nacht.
Einige Augenblicke verharrte sein Lächeln auf meiner Schulter, dann
drehte er mich zu sich und trat einige Schritte zurück. Bevor er
seinen Mantel ebenfalls ablegte, zog er ein Stoffbündel aus der
Tasche und entrollte es vor meinen Augen. Flache, fein gearbeitete
Klingen, damaszener Stahl, in deren melierte Oberflächen Zeichen
graviert waren. אחא
stand
auf einer, aber für mich zog er eine andere, bevor er das Bündel
achtlos hinter sich warf und sich aus den Schichten seiner Kleidung
befreite.
Noch
immer trug er das Lächeln im Gesicht, brennend wie der Kuss des
Asmodeus
und aufrichtig wie der Schwur eines Liebenden und es traf mich tief
und endgültig. Auf seinen geflüsterten Befehl hin, begann ich
ebenfalls, mich zu entkleiden und sehnte mich nach dem Wein, den mir
die verängstigten Talmenschen angeboten und den ich mit närrischer
Sorglosigkeit abgelehnt hatte. Sein Lied wurde lauter, wilde, uralte
Poesie und Lust verdrängte den Spott aus seinem Blick. Seine
Berührung war heiß und als ich zurück zuckte, zog er mich an sich.
Haut an Haut, aber das genügte ihm nicht und ich spürte, wie die
Klinge in die Haut über meiner Wirbelsäule schnitt, eine gerade
Linie, so zart, wie die Finger seiner Hand in meinem Nacken. Der
letzte Rest Finsternis wich dem Glühen und ich gab mich hin, ließ
zu, sehnte mich mit so unzähmbarem Hass nach ihm, dass ich meine
Nägel unter seine bleiche Haut trieb und begann, sie ihm
vom Leib zu reißen. Die Mühe machte meinen Atem schwer, fauchend
griff ich nach dem Messer, aber er entzog es mir lächelnd, flüsterte
von Geduld und so musste ich mir mit Klauen und Zähnen behelfen.
Erst als wir einander bloß und glänzend gegenüberstanden, war er
zufrieden. Sein Kuss war Vorwand und die sanft aufgeflackerte
Begierde ging in wilde Raserei über, als er mich ins Feuer stieß.
Er war über mir, in mir, er war der Schmied und ich demütiger Stahl
in seinen Händen. Das Lied verstummte, machte Trommeln Platz, dem
monotonen Klang eines wachsenden Kristalls, seinem Rhythmus und ich
schrie meine Dankbarkeit in die Nacht. Der zweite Rhythmus kam aus
der Finsternis, anfangs sanft, dann stärker und während mir die
Glut das Fleisch von den Knochen sengte, sah ich Angst in seinen
Augen. Über mir zitterte der Schmied in plötzlichem Grauen, als er
erkannte, dass ich den Takt vorgab. Ein Schrei löste sich aus
seiner Kehle, aber ich erstickte ihn mit hautlosen Lippen, trank ihn,
spürte seine Angst, die sanft wie Wein in meine Kehle glitt und
meine Macht. Das heisere Lamento meines Geliebten durchdrang die
letzte Stille, Kummer und Wut, denn es war sein Feuer, in dem wir
einander schmiedeten, aber natürlich war ich Stahl und er nur
Schlacke. Wir versanken in der Glut, orange lodernd, gasblau und
zuletzt, als er in mir verging, leuchtend weiß.
Der Morgen dämmerte trüb, als ich
mich aus der Asche erhob. Im fahlen Licht des Tages kniete ich in
den Überresten des Schmieds und vergoss eine Träne über den
jugendlichen Wahnsinn und seine verlorene Schönheit. Dann schob ich
meine Hand in die Asche, bis ich fand, was mir gehörte. ܚܘܒܐ. Die Klinge war von ungleicher Grazie und ich verstaute sie
sorgfältig, bevor ich mich auf den Weg machte.
„Entstiegen...“ ich kannte den Text.
Allein an die Melodie würde ich mich gewöhnen müssen.
Inspiriert von Tana und Schönfüßlein