Nun, da die Orkane über das Land toben
wie der Wahnsinn durch die Städte und die letzten Tage an Fingern
zählbar sind, flüsterst du lange vergessene Gebete in den roten
Himmel. Sicherheitshalber variierst du nicht nur Sprache und
Intonation, sondern auch die Adressaten und wenngleich du ahnst, dass
außer mir keiner mehr lauscht, ist mein Name der letzte auf deiner
Liste.
Deine Stimme umspielt die Silben so
seidig wie das dünne Gewand deinen Körper. Ich weiß, wie glatt
deine Haut darunter ist, schweißfeucht von der Glut die jetzt mit
dem Nachtwind zieht. Duftend und geschmeidig lockst du in der
Finsternis, öffnest die Arme dem Sturm und hinter geschlossenen
Lidern gewinnt dein Blick an Intensität.
Und doch warst du am schönsten, wenn
ich dich von den Schlachtfeldern dieser Welt schleifte. Zerschunden
und erschöpft, aber von deinen aufgerissenen Lippen perlten die
weisen Worte der Grenzgänger. Todesnah warst du mir ebenbürtig. Der
Zauber verflog, sobald dein Bewusstsein wieder einsetzte. Immer
wolltest du die stumpfe Nadel und das gröbste Garn. Manchmal hielt
ich dich zurück, wenn deine Finger an den frischen Nähten zerrten,
manchmal war ich zu müde. Ohnehin fand der Morgen dich stets
unversehrt und makellos.
Nun wirfst du dich auf die Knie, weinst
um die verlorenen Narben und bist bereit, im Tausch gegen eine
einzige Erinnerung deine Seele zu verscherbeln. Geister, Dämonen,
Dunkelheit. So viele Titel hast du mir verliehen, mich in die Kostüme
deiner Launen gesteckt, doch wenn das Ende kommt werde ich dir nackt
und namenlos gegenübertreten.