Samstag, 25. Januar 2014

...in a heartbeat






Nun, da die Orkane über das Land toben wie der Wahnsinn durch die Städte und die letzten Tage an Fingern zählbar sind, flüsterst du lange vergessene Gebete in den roten Himmel. Sicherheitshalber variierst du nicht nur Sprache und Intonation, sondern auch die Adressaten und wenngleich du ahnst, dass außer mir keiner mehr lauscht, ist mein Name der letzte auf deiner Liste.
Deine Stimme umspielt die Silben so seidig wie das dünne Gewand deinen Körper. Ich weiß, wie glatt deine Haut darunter ist, schweißfeucht von der Glut die jetzt mit dem Nachtwind zieht. Duftend und geschmeidig lockst du in der Finsternis, öffnest die Arme dem Sturm und hinter geschlossenen Lidern gewinnt dein Blick an Intensität.
Und doch warst du am schönsten, wenn ich dich von den Schlachtfeldern dieser Welt schleifte. Zerschunden und erschöpft, aber von deinen aufgerissenen Lippen perlten die weisen Worte der Grenzgänger. Todesnah warst du mir ebenbürtig. Der Zauber verflog, sobald dein Bewusstsein wieder einsetzte. Immer wolltest du die stumpfe Nadel und das gröbste Garn. Manchmal hielt ich dich zurück, wenn deine Finger an den frischen Nähten zerrten, manchmal war ich zu müde. Ohnehin fand der Morgen dich stets unversehrt und makellos.
Nun wirfst du dich auf die Knie, weinst um die verlorenen Narben und bist bereit, im Tausch gegen eine einzige Erinnerung deine Seele zu verscherbeln. Geister, Dämonen, Dunkelheit. So viele Titel hast du mir verliehen, mich in die Kostüme deiner Launen gesteckt, doch wenn das Ende kommt werde ich dir nackt und namenlos gegenübertreten.

Dienstag, 14. Januar 2014

WOLLEN








Es ist wie der zu lange Blick in den Spiegel oder das Wiederholen des eigenen Namens. Wenn mir Bekanntes fremd wird, weil sich die Perspektive ändert.
Meine Art der Einsamkeit ist weder selbst gewählt, noch belastend. Viel mehr macht sie mich frei. Ich habe keine Ziele, die ich nicht ohne jemanden an meiner Seite erreichen könnte. Und während ich meinem selbstbewussten Spiegelbild bewundernd zulächle, schleicht sich Bekanntes auf fremdem Weg in mein Leben, um dort vertraut zu werden.
Die Stadt ist müde. Unsicher in ihren Bedürfnissen, fällt sie an einem Tag in weißen Schlaf, um am Nächsten in grauen Fluten zu versinken. Ich lasse zu, dass sie mich mit nach unten zieht, gehe auf in der Masse, werde Herzschlag und Atem. Niemanden stört es, wenn ein Hauch im Nacken meine Hände nach unten oder mich ab und an auf die Jagd lenkt. Ich brauche niemanden, der mich auf ein Podest hebt und Einzigartigkeit vortäuscht.
Glatte Charaktere sind Projektionsflächen für zum Scheitern verurteilte Träume. Ihre schemenhafte Existenz ist zugleich Mittel, Gefühle am Wachsen zu hindern und ich umschiffe Kanten. Unerwartet kalt hält der November Einzug. Wir treffen einander unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen.
Mitternacht ist die Zeit der Wölfe. Pechschwarz gleiten sie durch die schmalen Straßen, ein anmutiger Kontrast zum verschlingenden Weiß. Wir kennen einander und meiden Kreuzungen. Einzig einige unerfahrene Jungtiere halten schnüffelnd inne, um kurz darauf mit einem winselnden Heulen dem Rudel zu folgen. Ich bin kein Opfer. Ich trage Messer auf Zunge, Herz und Seele.
Die Dunkelheit nimmt zu. Im Endeffekt ist es nur eine Frage verschwendeter Energie, ob ich mich zappelnd dagegen wehre oder mich kampflos ergebe und sanft hinein gleiten lasse. In der Finsternis stolpere ich über die leblosen Körper gescheiterter Lichtträger, deren Frustration die Schwärze noch undurchdringlicher macht. Panik hilft nichts. Atmen, weiter atmen, weil ich weiß, dass es nicht von Dauer ist.
Irgendwann hat das Leben bei jedem zugebissen, seine Nägel in hilfloses Fleisch geschlagen und Dramen auf die Haut Liebender geschrieben.Ich habe keine Illusionen. Nur einen Idealismus, der mich immer wieder zurück aufs Schlachtfeld treibt.
Und während ich verheilte Narben begutachtete, schlichst du auf unbekannten Wegen in mein Herz und machtest dich vertraut. Ich trage deinen Namen wie eine Pektorale und nicht wie einen Schild. Ich lasse mich jagen und mit einem Lächeln erlegen. Ich lasse mich entwaffnen und lehre dich das Schwimmen in der Finsternis.
Nicht, weil ich jemanden bräuchte.