Dienstag, 15. Juli 2014

Angst






Manche sagen, ihre Zeit sei die Nacht, aber das sehe ich anders. Vielleicht bietet die Nacht mehr Möglichkeiten, erlaubt durch den Mangel an Reizen eine intensivere Beschäftigung mit ihr, aber präsent ist sie immer. Jetzt gerade nimmt sie zu, wartet nicht länger bis freie Momente zur Verfügung stehen, sondern stiehlt sie von meinem Alltag. Sie ist die Hand um meine Kehle, die Erhöhung der Stimmlage und das Herzrasen. Sie malt Trugbilder, verleiht der Realität Vielschichtigkeit und legt hässliche Masken auf die Gesichter der Menschen. Auch und gerade auf die derjenigen, die mir wohlgesonnen sind. In diesen Tagen macht es keinen Unterschied. Ich fürchte sie genug, um sie zu personifizieren, gliedere sie aus und merke dabei, dass es genau der falsche Weg ist. Also nenne ich sie Angst. Sie kommt von Innen, ist tonnenschweres Gewicht und nagender Zahn in meinen Eingeweiden. Dass ich so fühlen dürfe, ist ein gutgemeinter Rat, ich weiß um die Absicht dahinter und erkenne die Freundlichkeit dieser Worte an. Von Nutzen allerdings sind sie nicht. Letztlich ist es der Angst egal, ob ihre Existenz legitimiert wurde, sie ist einfach da. Und sie wächst, wächst sich aus zu etwas, das Fachnamen trägt und mich im Haus ankettet. Es wird schwieriger, den Körper vor die Tür zu zwingen und meist verlangt er dafür eine Belohnung in Form von Substanzen, die ihm nicht gut tun. Sie schmälern die Angst, aber töten das Ich. Das Ich. Und warum du überhaupt? Du wirkst immer so... . Genau. Vielmehr glaube ich sogar, dass jene Fassade der Mensch ist der ich sein kann. Könnte. Ohne die Angst und die vielen Mittel, die sie einen Moment lang beiseite zwingen. Woher kommt sie? Ist sie atavistisch, basiert sie auf einer Begebenheit? Tausend Antworten, für das Thema hat keine davon Relevanz, weil es egal ist, woraus sie resultiert. Wichtig ist, dass sie da ist. Vertraut, aber mit neuem Unterton, belastender und einschränkender denn je. Die Angst.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen